Aufgelaufene Gegner vor der Sperre Maloja zerschlagen!

Diese Meldung stammt aus der Befehlszentrale der Grenzbrigade 12 im Albulatal welche bis vor Kurzem noch als streng geheim klassifiziert war. Seit 2004 ist sie jedoch deklassifiziert und wird in Kürze von der Militärhistorische Stiftung Graubünden als viertes Museum eröffnet.

Nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg wird nun auch der Kalte Krieg thematisiert. In einer kleinen Schlucht im Albulatal zwischen Alvaneu und Brienz liegt der Eingang versteckt in einer Felswand und ist selbst dann nicht als sofort zu erkennen wenn man direkt davor steht.

Kein Wunder: Sie erscheint als Teil der Felswand. Das mit felsähnlichem Spritzbeton zugekleisterte und deshalb gut getarnte Portal bildet den Zugang zu einer einst hochsensiblen militärischen Anlage, die von den Generälen und Soldaten als «streng geheim» betrachtet wurde.

Gebirgsbrigade 12

Darin gut versteckt befindet sich noch immer die stillgelegte Befehlszentrale der Grenzbrigade. Es riecht muffig und «heimelig» zugleich und ein freundlicher Empfang ist bei acht Grad Stollentemperatur auch nicht gerade zu erwarten. Denn etwa 200 Meter hinter der Sperre befindet sich das einstige Nervenzentrum der beiden grossen Bündner Truppenverbände der Grenzbrigade und der Gebirgsdivison 12. Dann schwingt das imaginäre Felstor auf und gibt zunächst den Blick frei auf eine dicke Panzertüre und einen etwa 100 Meter langen Gang. An dessen Ende lauert eine mit Beton befestigte, kaum zu überwindende Maschinengewehrstellung.

Der letzte Kommandant der Grenzbrigade 12, alt Brigadier Fritz Meisser – ein ehemaliger Banker aus Arosa – hat in dieser Anlage viele Wochen Dienst geleistet. Dies auch während des Kalten Krieges in einem unscheinbaren Felsmassiv des Albulatals alle Fäden der militärischen Führung in Graubünden zusammenliefen, wussten bloss ein paar hochrangige Geheimnisträger.

Zusammen mit seinen Kameraden der Militärhistorischen Stiftung Graubünden hat Meisser – wie andere Festungswerke in Graubünden auch – nun den Kommandoposten Alvaneu gewissermassen in letzter Minute vor dem Rückbau durch die Armee gerettet. Mit der Aufhebung der Geheimhaltung werde damit «schweizweit ein einmaliges Vorzeigeobjekt geschaffen», glaubt Meisser.

geplanter Brigade Kommandoposten

Wenn das Museum im Jahre 2018 seine Tore öffnet, werden mittels elektronischer Inszenierungen und dreidimensionaler Modelle die damaligen Bedrohungs- und Feindlagen dargestellt. Ausserdem können die Besucher auf geführten Rundgängen Einsicht in Einsatzbefehle nehmen. Im Museum wird weiter zu sehen sein, wo genau sich in Graubünden während des Kalten Kriegs Sprengobjekte (Brücken, Strassen usw.), Verminungsgelände, Geländehindernisbauten und verbunkerte Waffenstellungen befanden.

Doch was war die Aufgabe des geheimen Kommandopostens Alvaneu? Von der Felskaverne aus, in der etwa 80 Offiziere und Soldaten Platz fanden, hätten die Kommandanten der Grenzbrigade und später der Gebirgsdivision ihre Truppen entlang der Bündner Transitachsen geführt und angewiesen, den Durchmarsch eines Gegners zu verhindern oder dann zumindest zu verlangsamen.

Zurück in die Tiefen des Kommandobunkers: Der wirkt, als hätte ihn die Truppe erst vor ein paar Tagen verlassen. Die beiden Saurer-Dieselmotoren, die bei Ausfall des öffentlichen Stromnetzes die Energieversorgung übernommen hätten, stehen startbereit in ihren Kavernen. Der letzte Ölwechsel ist auf einer Etikette mit 2009 datiert. Geradezu liebevoll gepflegt wirken auch die anderen technischen Anlagen, die beim Bau des Bunkers zwischen 1945 und 1967 offenbar für die Ewigkeit konzipiert worden sind.

Auch die Küche, die Speisesäle und die Unterkünfte sind voll ausgerüstet. Die Armee hat beinahe alles zurückgelassen, sogar die Funkgeräte und Telefone stehen in der Übermittlungszentrale. Und an der Wand vor dem Speisesaal orientiert eine Anzeigetafel über den Bereitschaftsgrad, von «normal» über «Kampfzustand» bis hin zu «Atomalarm» ist da zu lesen.

Das Beste ist aber im Rapportraum zu sehen: Dort hängen die einst geheimen Einsatzbefehle. Damit es zu keinen Missverständnissen durch krakelige Schriften kommen konnte, wurden die «Absichten des Kommandanten» sorgfältig in der Schönschrift eines Musterschülers auf Packpapier geschrieben. «Im Bergell und Puschlav den Gegner mit Jagd- und Verzögerungskampf frühzeitig abnützen», steht da. Oder: «Mit der Artillerie Luftlandetruppen primär im Raum Sils-Maria-Maloja bekämpfen und sekundär auf die Sperre Maloja aufgelaufene Gegner zerschlagen.»

Draussen scheint derweil die Frühlingssonne über dem Albulatal. Die Zeugen des Kalten Kriegs bleiben im Berg verwahrt. Das ist gut so. Aber anschauen sollte man sie sich trotzdem. Um in Erinnerung zu rufen, was es heisst, in Frieden leben zu dürfen.

Sperre Maloja

Standort Maloja-Sperre


15,5 cm Festungskanone 93 L52 „BISON“ – Reichweite 40 km

Entwicklung / Konstruktion [1984 – 1993]

  • 1984 Die Kommission für militärische Landesverteidigung (KML)beschliesst die Aufnahme der BISON Eigenentwicklung (Kredit = CHF 20 Mio)
  • 1985 Durchführbarkeitsstudie Bofors, lntertechnik und k+w Thun
  • 1986 Begehren für Zusatzkredit von CHF 40 Mio
  • 1987 Bewilligung eines Kredites von CHF 60 Mio
  • 1986-89 Entwicklung und Fabrikation FUMU BISON (1 Geschütz) 1988-90 Werkerprobung k+w mit FUMU (Auwald Thun)
  • 1989-91 Entwicklung und Fabrikation PT BISON (1 Geschütz) 1990-91 Technische Erprobung Chirel
  • 1990-92 Aussenballistische Versuche Schiessbock Gütsch
  • 1991-92 Gesamterprobung Prototyp Gütsch
  • 1991-92 Truppenerprobung Prototyp Gütsch
  • 1993 Aufnahme in das RP93 (CHF 249 Mio)
  • 1996-00 BISON Bauten
  • 1998-99 Nachrüstaktion

Daten
Kaliber: 15,5 cm
Rohrlänge: 8060 mm (L52)
Anzahl Züge: 60 (konstanter Rechtsdrall)
Schusskadenz: 5 Schuss in 25 Sekunden (1 Batterie 20 Schuss in 25 Sekunden)
Mündungsgeschwindigkeit: 845 m/s (mit Ladung 9 für Stahlgranaten)
Praktische Reichweite: 40 km
Zu einer Batterie gehören 4 Geschütze die in zwei Monoblocks zusammengefasst sind.
Bauten 1996 bis 2000.
Letzter Schuss am 21. Juni 2011

Riders on the Storm – The Doors

Quellenangabe; www.sperretrin.ch

Über muck

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