Aspiranten im „Rössliwagen“

Die ehemaligen Schüler der Polizeiklasse 1966/67 feierten an ihrem Jahrestag den „Langsamverkehr“. Zwar beinahe wie früher – immer noch von Beiz zu Beiz – doch nach 49 Jahren viel langsamer und darum nicht weniger gemütlich.

22 Aspiranten trafen sich am heutigen Donnerstag beim Bahnhof Seuzach pünktlich um 1000 Uhr morgens um mit Ross und Wagen über Henggart – Oberwil und Stadel zu „traben“.

Roessli03Im Sauseschritt ging es über Worbgraben und der Kohlgrube direkt ins Restaurant „Bahnhöfli“ nach Henggart. Hier konnten die älteren Herren (Damen waren nicht dabei) ihre kalten Glieder mit Kaffee-Luz oder Zwetschgen-Luz aufwärmen. Einzelne „Velo-Gümmeler“ zeigten auch heute bei Temperaturen etwas über dem Gefrierpunkt, wie man seine nackten und strammen „Wädli“ noch besser zur Geltung bringen kann.

Roessli02Die beiden Rössliwagen mit je zwei „Braunen“ wurden von den Organisatoren Ernst und Hermann – wie zu Gotthelfszeiten auf dem Hohen Bock sitzend – angeführt. Zwar etwas näher an der Heizung der beiden Pferde doch ohne Möglichkeit der Regulierung von Zugwind und Wärme. Der heisse Sommer 2015 ist endgültig vorbei und der Herbst hat sich mit leichter Bewölkung erstmals angekündigt.

Kurz nach 12 Uhr traf die ganze „Alt-Burschenschaft“ – ohne weiteren Schaden erlitten zu haben – im Restaurant „Rebstock“ in Oberwil ein. Inzwischen blickte die Sonne zaghaft hinter den Wolken hervor und der Himmel begann mit „Blauen Störungen“ zu strahlen.

Roessli04Die Herren über 70 konnten nun ihren Bäuchen eine oder auch zwei weitere Kalorien hinzufügen. Selbst vom blauen „Goldberger“ blieb selbstverständlich kein Tropfen übrig. Manche Flasche wechselte vom Weinkeller ins Leergut und wir nach etwa 2 Stunden zufrieden von der Beiz wieder auf oder in den Rössliwagen.

Roessli07Ausgedehnte, teils konträre Gespräche tauschten wir über die derzeitige regelrechte Völkerwanderung von Süd- nach Zentral-Europa aus. Dabei vergassen viele, dass auch unsere Grossväter anfangs des 20. Jahrhunderts dem Hunger und der finanziellen Not entflohen: Die Bündner Zuckerbäcker zogen beispielsweise in die Fremde, buken Kuchen und schenkten Kaffee aus. Die Wirtschaftsflüchtlinge kamen so zu Ruhm und Ehre – und machten die Schweizer Qualität in ganz Europa zum Begriff. Oder schlanke Kinder zwischen 7 und 10 Jahren wurde als lebende Russbesen als „Spazza Camino“ gar verkauft und brachten den Tessinertälern eine leichte Enlastung.

Mörsburg_1750Mit Ziel Restaurant Schlosshalde in Mörsburg ging es eine weitere Strecke durch herrliche Wälder und friedliche Felder beispielsweise vom Forrenhof zum Bahnhof Dinhard und von dort durch den Wald zur Mörsburg.

Der Himmel hellte sich auf und Stimmung und Wetter zeigten sich erwartungsvoll von der besten Seite. Der Wohnturm zur Mörsburg wurde vermutlich im ausgehenden 10. Jahrhundert durch die Herren von Winterthur an Stelle einer älteren Anlage erstellt. Nach 1027 gelangte die Burg an die Grafen von Nellenburg. Der letzte männliche Vertreter der Kyburger verstarb hier auf der Mörsburg am 27. November 1264.

Ein weiterer Kaffee-Luz samt Nussgipfel hatten aber im Restaurant das heutige Datum und waren schnell getilgt. In Stadel bei Winterthur durften unsere Pferde endlich ihren Durst an einem Brunnen mit köstlich kühlem Wasser stillen. Nach fünfstündiger Wanderung mit grosser Anhänger-Last war der Pferde-Tank sicherlich leer. Wir alle hätten den Zug-Pferden auch ein Brunnen voll mit Gerstensaft gegönnt.

Ein weiterer Dank geht an die umsichtigen Kutscher-/innen Marcel vom Binzhof in Reutlingen, Telefon 052 2420076.


Über muck

Senior Projektleiter mit Freude am Sport
Dieser Beitrag wurde unter Natur, Reisen, Schweiz abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.