Sandgeschichten von Tazzarine!

Nach längeren und heftigen Sandstürmen wollen wir endliche wieder weg aus Zagora. Wir entschliessen uns bei reiflicher Ueberlegung nicht die N12 und damit direktere Linie nach Rissani zu nehmen sondern die nördliche Route, nämlich die R108. Die N12 soll nach wie vor viele Baustellen aufweisen und sich derzeit nur für 4×4 Fahrzeuge eignen. Die R108 soll jedenfalls eindeutig die bessere Strecke sein. Trotzdem stecken wir gegen 1230 Uhr tief im Sand bei Tazzarine fest.

Aber alles einmal der Reihe nach. Heute Donnerstag soll es ein wunderbarer Tag werden. Die Sandstürme haben nachgelassen und bereits zu früher Stunde kann man an der Farbe des Himmels erkennen, dass sich tatsächlich ein heller und klarer Tag ankündigt. Also noch schnell um 0900 Uhr 3 Pariserbrote einkaufen, dann beim Camper den Tank auffüllen und nur weg aus Zagora bevor der nächste Sandsturm naht.

Gemütlich tuckern wir mit unserem voll beladenen Camper also die gleiche Strecke Richtung Ouarzazate nordwärts bis wir ein gutes Stück vor Agdz irgendwann die Verzweigung mit der R108 nach Rissani entdecken. Die Strecke führt uns aufwärts bis auf etwa 1200 müM und in Sachen Qualität der Fahrbahn und der Breite ist noch immer keine Veränderung festzustellen. Hier wäre Zeit gewesen unsern unnötigen Ballast sprich Abwasser abzulassen aber soeben entdecken wir auf der rechten Seite und parallel zur Strasse eine Karawane von Kamelen und Eseln auf diesem namenlosen Pass. Es sind sicherlich zwischen 10 bis 20 Tiere die offensichlich auch nach Tazzerine wollen.

Bei einer der grössten Dörfer auf dieser Route Tazzarine entdecken wir wiederum eine polizeiliche Eingangskontrolle. Etwas abseits halten auch wir an und suchen auf unseren diversen Smartphones und Pad‘s eine Unterkunft bzw. Campingmöglichkeit. Nur etwa 400 m vom Dorfausgang Richtung Zagora entfernt befindet sich die Anlage die „Village Touristique Bougafer“. Die Anlage bietet eigentlich alles was das Herz begehrt doch die Stellplätze sind staubig und ohne Schatten und kein Mensch scheint hier auf uns zu warten.

Etwa 3 km weiter befindet sich etwas abseits der Strasse der Camping „Les Jardins de Tazzarine“. An der Strasse nur ein handgemachtes Schild und das erste Haus welches wir ansteuern ist nicht das Richtige. Verschiedene Offroadspuren erweisen sich nicht zielstrebig genug was der Bauer bemerkt und uns schliesslich die richtige Spur zeigt.
Im Schritttempo geht es über Bollensteine darauf achtend, die richtige Spur zu halten bis wir nach ein paar hundert Metern hinter einem kleinen Hügel auf der Leeseite die erste Sandverwehung sehen. Also noch auf der Holperspur möglichst viel Gas geben und im ersten Gang durch. Nach zwei Dritteln der Sandverwehung gräbt sich unser vorderradangetriebener Ducato ein und wir sitzen fest.

SandArminNoch mit laufendem Motor aber ohne vorwärtstrieb müssen wir überlegen was zu tun ist. Wir haben doch Sandbleche gekauft welche zwar aus Kunststoff sind und wahrscheinlich nicht viel taugen aber hier hilft erstmals nur die eigene Initiative und das eigenen Handeln.

Kaum die Verpackung der „Sandbleche“ entfernt und mitsamt der Betriebsanleitung in die Pampa entlassen naht Hilfe. Diese brauchen ja keine Betriebsanleitung und mit dem gesamten Unterarm bugsieren sie den Sand vor der Spur schnell beiseite. Ich kapiere sofort – ahha nicht mit den Händen schaufelt man den Sand weg sondern mit dem viel effizienteren Unterarm. Bevor wir unsere Sandschaufel aus der Garage holen konnten; der nächste Versuch folgt sofort nachdem noch schnell unser etwa 6 auf 3 Meter grosse Teppich vor das Auto gelegt war! Der Teppich ist zwar zur Hälfte unter dem Fahrzeug verschwunden doch unser Fahrzeug machte keinen wank. Es scheint, als wäre noch die Handbremse angezogen?

Jetzt geht mir umgehend ein weiteres Licht an obwohl die Sonne um die Mittagszeit senkrecht vom Himmel brennt! Da sind doch die etwa 40 kg Abwasser die noch immer im Tank schlummern. Warum habe ich nur ….? Bin ich ein „Tubel“!?

Die Selbsterkenntnis löst offenbar alle Bremsen denn beim nächsten Versuch klappt die Sandrettung auf Anhieb. Hurra tönt es innerlich, das haben wir jetzt geschafft! Die nächsten beiden Spulmanöver bei der Durchfahrt des engen Tores und beim Parkieren stehen uns noch an, bevor uns der Campingchef zum vorbereiteten Tee im Zelt einlädt.

Der einsame aber wunderbare Platz von Madam und Monsieur Lahcen Ziani mit ihren vier Kindern – deren älteste Tochter von etwa 8 Jahren wie an einer Kette an der Küche angebunden schien – war nicht nur bei der Sandrettung sehr hilfreich. Von Anfang an waren wir hier herzlich willkommen sondern als einzige Gäste auch sehr umsorgt. Da wir aber selbst eingekauft haben wollten wir unseren Food nicht verderben lassen. Trotzdem erschien er zu später Stunde mit seinem Schwager mit einem Krug Tee und Gläsern an unserem Bus. Weil wir jedoch gerade am zu Bett gehen waren, lehnten wir ab.

Der ummauerte Campingplatz mit Herberge und Restaurant „Les Jardin de Tazzerine“ hat mit fehlendem Wasser zu kämpfen. Zwar wässert er seine Rosen und allerlei Pflanzen jeden Tag auf’s Neue doch die Palmen sind teilweise abgestorben und die Kronen gelb bis bräunlich verfärbt. Ueberhaupt schien es uns, dass die langen Wurzeln dieser tropischen Bäume nicht bis zum Grundwasserspiegel reichen und langsam aber sicher absterben.

In dieser Gegend ist uns dieser Umstand mehr als einmal aufgefallen. Schon in Marrakesch oder auch Ouarzazate wollen die vielen Einwohner im „Speckgürtel“ der Städte ebenfalls versorgt sein und obwohl oder gerade deshalb weil überall nach Wasser gebohrt wird geht auch dieses wertvolle Gut einmal zu Ende. Bereits heute kostet ein Liter Trink-Wasser etwa einen Fünftel von einem Liter Diesel.

Über muck

Senior Projektleiter mit Freude am Sport
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